Menschen füllen die Schrift mit Leben – Interreligiöses Gebet setzt Zeichen

Nachricht Cuxhaven, 23. September 2025

Auf einem kunstvoll gestalteten Teppich versammelten sich am Sonntagvormittag zahlreiche Besucherinnen und Besucher zum 13. interreligiösen Gebet in der Moschee in der Meyerstraße. Mitglieder der türkisch-muslimischen Gemeinde empfingen gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der katholischen und evangelischen Kirchen die Gäste.
Unter dem Motto „Das Buch ist mehr als nur Schrift – Menschen füllen es mit Leben!“ setzte die Feier ein Zeichen für Zusammenhalt in aktuell sehr unruhigen Zeiten.

„Lasst uns einander kennenlernen..."

Hodja Enes Tamparlak und der Vorsitzende Erol Öksüz eröffneten die Veranstaltung. Tamparlak sprach zunächst auf Türkisch, Öksüz übersetzte ins Deutsche und dankte den Gästen. Tamparlak begrüßte die Anwesenden mit Worten des Dichters Yunus Emre: „Lasst uns einander kennenlernen, das Leben leichter machen, lieben und geliebt werden – denn diese Welt bleibt niemandem.“

Moschee erst durch Spenden und Eigenleistung

In einem Gespräch mit Pastor Dr. Lutz Meyer erinnerten die Frauenbeauftragten Serap Öksüz und Funda Neyis an die Zeit ohne eigenes Gotteshaus, als das Freitagsgebet in wechselnden Räumen stattfand. Erst durch Spenden und viel Eigenleistung konnte die Moschee entstehen. „Für mich ist sie ein Ort des Glaubens, des Lernens und des kulturellen Miteinanders“, sagte Serap Öksüz.

Die beiden Frauen betonten, der Koran sei mehr als ein Buch; sein Kern sei Barmherzigkeit und Liebe, vorgelebt vom Propheten Mohammed.
Pfarrer Christian Piegenschke von der katholischen Gemeinde machte deutlich, dass am Anfang des Glaubens der Kirche nicht die Bibel als Text stehe, sondern die schon immer geschehende Zuwendung Gottes zu den Menschen. "Durch die Propheten und zuletzt endgültig und unüberbietbar durch Jesus Christus hat er die Menschen in seinen Bund gerufen. Die Bibel als heilige Schrift wäre dann das früheste schriftliche Zeugnis davon, also die Urkunde des Glaubens.“
Pastor Dr. Meyer (evangelischer Kirchenkreis Cuxhaven-Hadeln) erinnerte an Paulus: „Der Buchstabe allein tötet, der Geist aber macht lebendig.“ Entscheidend sei die Haltung, mit der Menschen ihre Heiligen Schriften lesen. Schon Martin Luther habe betont: „Die Tat legt die Schrift aus.“

Traditioneller Gesang mit Segenswünschen

Im Anschluss leitete Hodja Tamparlak gemeinsam mit der Gemeinde das Salât-ı Ümmiye, einen traditionellen türkischen Gesang mit Segenswünschen, und rezitierte Verse aus dem Koran: „Allah gebietet, Gerechtigkeit zu üben, Gutes zu tun und die Verwandten zu beschenken.“
Auch ein christliches Wechselgebet aus Coventry, entstanden nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs, fand seinen Platz – bis heute ein Symbol der Versöhnung.

Austausch bei Tee und türkischen Spezialitäten

Zum Ausklang nutzten viele Anwesende die Gelegenheit zum Austausch bei Tee und türkischen Spezialitäten – ganz im Sinne des Mottos: Heilige Schriften gewinnen ihre Kraft erst, wenn Menschen sie mit Leben füllen und Brücken zueinander schlagen.

Dr. Lutz Meyer, Schulseelsorger und Schulpastor im Kirchenkreis Cuxhaven-Hadeln