Wenn sich Dorothea Clasen ans Klavier setzt, verändert sich die Atmosphäre im Raum. Mit leuchtenden Augen und sicherem Anschlag begleitete die 97-Jährige, selbst Bewohnerin des Altenpflegeheims Huus am Stadtpark in Hemmoor, den jüngsten Gottesdienst – und berührte die rund 40 Besucherinnen und Besucher so sehr, dass viele begeistert mitsangen. Für die Anwesenden war es ein bewegender Moment. „Es ist etwas ganz Besonderes, wenn eine Mitbewohnerin selbst zum Gottesdienst beiträgt“, sagte eine Teilnehmerin, die namentlich nicht genannt werden will. Dankbarkeit und Freude erfüllten den Raum – ausgelöst von einer Frau, die Musik seit Jahrzehnten zu ihrer Sprache gemacht hat.
Während der Dienstzeit ihres Mannes saß sie schon an der Orgel
Musik gehört zu Dorothea Clasens Leben wie der Atem. Schon während der Dienstzeit ihres Mannes, der von 1980 bis 1991 Pastor in der Kirchengemeinde Basbeck war, saß sie regelmäßig an der Orgel. Diese Liebe hat sie nie losgelassen. Heute, mit fast 100 Jahren, schenkt sie auch ihren Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern Momente voller Klang und Wärme.
Offenes LIedersingen ist zum Ritual geworden
Und sie beschränkt sich nicht auf festliche Anlässe. Jeden Mittwochnachmittag lädt Dorothea Clasen zum offenen Liedersingen ein – ein Ritual, das viele Bewohnerinnen und Bewohner kaum missen möchten. Dann erklingen vertraute Volkslieder, die Erinnerungen wecken und zum Mitsingen einladen. „Das ist klasse, weil es alle ansteckt“, schwärmt eine Bewohnerin.
"Dieser Gottesdienst gibt mir Kraft für den Alltag"
Der Gottesdienst selbst – gefeiert vom neuen Diakon Johannes Drechsler – ist bewusst vertraut gehalten, mit bekannten Liedern, einer kurzen Andacht und Gebeten. Doch das Besondere an diesem Nachmittag war nicht der Ablauf – sondern die Tatsache, dass die Musik von einer Mitbewohnerin kam. „Dieser Gottesdienst gibt mir Kraft für den Alltag“, erzählte eine Bewohnerin, sichtlich bewegt.
Es ist nie zu spät, anderen Freude zu schenken
So wird Dorothea Clasen zu einer Brückenbauerin: zwischen Generationen, zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Glauben und Alltag. Mit 97 Jahren beweist sie eindrucksvoll, dass es nie zu spät ist, anderen Freude zu schenken – mit Tönen, die direkt ins Herz gehen.