Kehdingbruch: Wenn der Pastor "plötzlich" zum Schauspieler wird

Nachricht Kehdingbruch, 18. August 2025
Letzte Regieanweisung: Xiaoxue Li spricht mit Pastor Bert Hitzegrad. Kameramann Thomas Gronenberg steht bereit. In wenigen Sekunden kann gedreht werden. Fotos: Schoener

Kamera ab, Ton ab – Auftritt für Bert Hitzegrad in der Kirche von Kehdingbruch. Vor einem Jahr verabschiedete sich der 65-Jährige in den Ruhestand, nun steht er am Montag wieder im Altarraum von St. Jürgen – diesmal nicht als Pastor, sondern als Schauspieler. Es ist der Auftakt zu den Dreharbeiten für „Die Seele kommt nach“, ein Film zwischen Dokumentation und Fiktion.

Neugierig und ein wenig aufgeregt in den Kirchenbänken

Etwa 15 Dorfbewohner sind als Statisten dabei. Neugierig und ein wenig aufgeregt haben sie in den Kirchenbänken Platz genommen. Manche rutschen hin und her, andere schauen gespannt Richtung Altar. Hell und gleißend bricht das Sonnenlicht durch die hohen Fenster, Staubkörner tanzen in den Strahlen. Draußen an einer Seitenwand steht ein Scheinwerfer, der den Raum noch heller ausleuchtet.

Jede Einstellung wird intensiv vorbereitet

Regisseurin und Drehbuchautorin Xiaoxue Li verlangt Präzision. Mit Kameramann Thomas Gronenberg beugt sie sich über den kleinen Monitor, jede Einstellung wird intensiv diskutiert. Das internationale Team von Nebenan Film bewegt sich geschäftig zwischen Kabeln und Stativbeinen. Gedämpfte Stimmen, das Klicken der Kamera, ein kurzes „Vorsicht!“ – dann wieder Stille. Nur im hinteren Kirchenschiff klappert eine Tasse: Kaffee für die Crew, dazu Kekse. Die stärkenden Angebote der Dorfbewohner werden gern genommen.

Noch ein Hauch von Puder auf der Stirn

„Ich bin ganz gespannt, was mich heute erwartet“, sagt Bert Hitzegrad, frisch geschminkt, ein Hauch von Puder auf der Stirn. Zum ersten Mal stehe er vor einer Filmkamera, verrät er leise. „Es ist ein schönes Gefühl, noch einmal hier in meiner Gemeinde zu stehen, wenn auch in einer ganz anderen Rolle.“ 31 Jahre lang war Hitzegrad - für den Dreh eigens angereist aus seiner Wahlheimat Eschede - Pastor in St. Jürgen.

Für lange Gespräche bleibt keine Zeit. „Ich freue mich, dass wir den Film tatsächlich umsetzen können“, sagt Produzentin Sabine van Gemmeren, dann verschwindet sie wieder zwischen Requisiten und Teammitgliedern. Kirsten von Glasow, Leiterin Herstellung und Dramaturgie, behält die Abläufe im Blick, gibt kurze Anweisungen. Dann wird es still im Kirchenschiff.

"Von guten Mächten wunderbar geborgen"

Mariola Hoss-Hillmann sitzt an der Orgel, ihre Finger gleiten über die Tasten. Sanft hebt der Choral „Von guten Mächten wunderbar geborgen…“ an, getragen von den Stimmen der Statisten unten vorm Altar. In dieser Mischung aus Gesang, Orgelklang und Licht liegt ein Moment der Andacht – mitten im Filmdreh. Bert Hitzegrad hebt den Kopf, sein Blick geht in die Kamera. Alles passt. „Cut“, ruft Xiaoxue Li, und für einen Augenblick atmet das Team erleichtert auf. Eine Szene ist schon mal im Kasten, weitere sollen folgen.

Regissseurin erzählt auch ihre Geschichte

Bis zum 26. August wird in Kehdingbruch gedreht, auf Hochtouren und mit viel Herzblut. Regisseurin Xiaoxue Li verbindet die Flüchtlingsproblematik mit Erinnerungen an Flucht und Vertreibung von Deutschen aus Ostpreußen am Ende des Zweiten Weltkriegs. Und sie erzählt ein Stück weit auch ihre eigene Geschichte als Einwanderin in das Heimatdorf Kehdingbruch ihres Ehemannes während der Corona-Zeit. 

Die Seele des Projekts ist jetzt schon greifbar

Im nächsten Jahr, so hofft das Team, wird der Film „Die Seele kommt nach“ fertiggestellt sein. Wann und wo er Premiere feiert, bleibt noch offen. Doch an diesem Vormittag, zwischen Scheinwerferlicht und Orgelklängen, spürt man: Die Seele dieses Projekts ist schon jetzt greifbar.

Andreas Schoener, Referent für Öffentlichkeitsarbeit im Kirchenkreis Cuxhaven-Hadeln