Unvergessene Spuren zwischen Leid, Mut und Erinnerung

Nachricht Kirchenkreis, 21. November 2025

Manchmal sind es Orte, die uns nicht loslassen – Orte, an denen Geschichte sichtbar, spürbar und unvergesslich wird. Die Gesamtkirchengemeinde Am Dobrock machte sich mit Pastor Tileman Wiarda auf den Weg nach Theresienstadt, Krakau, Plaszow und Auschwitz-Birkenau.
Unter dem Motto „Erinnern und nicht vergessen – eine Reise, die Geschichte und Gegenwart verbindet“ spürten sie den Geschichten von Leid, Mut und Menschlichkeit nach und stellten zugleich Fragen an unsere heutige Zeit. Pastor Tileman Wiarda hat von dieser Reise viele Eindrücke mitgenommen..

Mehr als eine Million Menschen sind hier gestorben

Das Lagergebiet von Auschwitz-Birkenau ist überwältigend groß. Vorgesehen war dieser Platz für 200.000 Menschen. Die Ortschaft Brzezinka wurde dafür vollständig geräumt, die Häuser abgerissen. 1941 begann die SS mit dem Bau des Lagers, das heute wie kein anderes für die Schrecken der Vernichtung der jüdischen und anderer Menschen steht, die der Ideologie des Nationalsozialismus nicht entsprachen. Über eine Million Menschen starben hier – in Gaskammern, durch Erschießungen, auf Scheiterhaufen im Freien.

Ruth Elias, die selbst in Birkenau gefangen war, beschreibt in ihrem Buch „Die Hoffnung erhielt mich am Leben“ die Verzweiflung und die Hoffnungslosigkeit – den Rauch, der Tag und Nacht aus den Schornsteinen stieg, und den allgegenwärtigen Geruch der Verbrennung.

Unvorstellbar, wie das gelingen konnte

Wir folgten ihrer Geschichte zunächst nach Theresienstadt, wo sie zuerst leben musste. Dieses „Vorzeigeghetto“ der Nazis war in einer ehemaligen Garnisonsstadt eingerichtet. 60.000 Menschen wurden hier zusammengepfercht, an einem Ort, an dem heute wieder ganz normales Leben herrscht – am 1. Januar 2025 lebten hier 2.850 Einwohner. Unvorstellbar, wie das gelingen konnte. Aber das Leben findet seinen Weg. Auch in Oświęcim leben heute etwa 34.000 Menschen. Wahrscheinlich klingt es im Polnischen anders, als wenn man in Deutschland sagen würde: „Ich wohne in Auschwitz.“

Der berüchtigte Lagerarzt Josef Mengele war verantwortlich

Ruth Elias kam zweimal nach Auschwitz-Birkenau. Nachdem sie einmal weitergeschickt worden war, kehrte sie zurück, weil die Wachen feststellten, dass sie schwanger war. Der berüchtigte Lagerarzt Josef Mengele war schließlich verantwortlich dafür, dass ihr Kind getötet wurde – mit einer Giftspritze, die ihr eine mitfühlende Mitgefangene reichte.

Wir alle standen an diesem Ort, ebenso wie im ehemaligen Lager Plaszow mitten in Krakau, das heute ein beliebtes Naherholungsgebiet ist. Wir fragten uns: Wie konnte das geschehen? Und, noch wichtiger: Wie können wir verhindern, dass so etwas wieder geschieht? Heute spricht kaum jemand mehr von Schuld; einen „Schuldkult“ gibt es nicht. Aber es gibt ein bewusstes Gefühl von Verantwortung: für die Demokratie, für die Menschenrechte, für die Würde der Opfer. Wer aus der Geschichte nicht lernt, verletzt diese Würde erneut.

Eine wichtige Woche, die sicher eine Fortsetzung finden wird

Es war eine schmerzliche, aber wichtige Reise – und dennoch gab es helle Momente: beim gemeinsamen Essen, beim Zusammensitzen in der Ferienwohnung, die uns Unterkunft bot. Eine Woche, die sicher eine Fortsetzung finden wird: in einer Reise nach Israel, wohin Ruth Elias nach ihrer Befreiung zog, um das Land mit aufzubauen. Vielleicht wird es auch eine Neuauflage dieser Fahrt in ein oder zwei Jahren geben – vielleicht sind Sie dann dabei.

Tileman Wiarda, Pastor