Aktuelles aus Ambo

Kindergarten in Ambo – zwischen Alltag und Visionen

|   KK

Reisebericht; Teil 2 von Martin Reese

Auch in Äthiopien setzt die CORONA-Krise das öffentliche Leben seit Mitte März außer Kraft. So wurden in unserem Partnerkirchenkreis Ambo u.a. alle Kindergärten, Schulen sowie Kirchen bis auf weiteres geschlossen und viele Menschen müssen zuhause bleiben. Das öffentliche Leben kommt seitdem zum Stillstand. Waren die Kirchen bis Anfang April noch für 30–40 Besucher für einen Gottesdienst geöffnet, sind diese Versammlungen nun offiziell mittlerweile auch verboten. Das Internet ist gleichermaßen längst nicht für jeden zugänglich bzw. werden die Internet-Cafes eher gemieden, da dort naturgemäß eine erhöhte Ansteckungsgefahr besteht. Diese Zeit stellt wahrlich besondere und herausfordernde Situationen für alle dar!

 

Als ich im vergangenen Jahr im Oktober den vom Kirchenkreis Cuxhaven-Hadeln unterstützten Kindergarten in Ambo besuchte, dachte dort zu der Zeit keiner an eine vergleichsweise einschränkende und bedrohliche Situation. Im Gegenteil: Der äthio-pische Ministerpräsident, Abi Ahmet, hatte gerade den Nobelpreis für Frieden erhalten, Reformen für eine gelingende Demokratisierung wurden auf den Weg gebracht und allgemein war eine überwiegend positive Stimmung in Äthiopien zu erleben. So fühlte ich mich eigentlich sehr sicher. Gut begleitet von meinen Freunden aus dem „Ambo parish“, habe ich viele positive und intensive Eindrücke sammeln können und war u.a. an verschiedenen Tagen im Kindergarten in Ambo.

 

Den Kindergarten (KG) besuchen normalerweise nahezu 100 Mädchen und Jungen, die dort von 3 Erzieherinnen, einer „Nanny“ sowie dem Leiter betreut werden und täglich mit Freude spielerisch in 3 Altersgruppen (KG 1-3) fast schon schulisch lernen und mit großem Engagement gefördert werden. Die Kinder sind bis zum Nachmittag im KG, essen gemeinsam zu Mittag und können sich auf dem großzügigen Gelände gut bewegen. Als ich den KG besuchte, kamen die Kinder gleich angelaufen und waren ganz aufgeregt, Besuch aus Deutschland zu bekommen. Mit einem “welcome, welcome“-Lied wurde ich lauthals begrüßt.

Ein wenig stolz und ganz „vorbildlich“ saßen die Kleinen dann auf ihren Stühlen in ihren Klassen und rezitierten Buchstaben, Wörter, Reime und beantworteten im Chor geduldig die Fragen der Erzieherinnen. An einem anderen Tag kam ich zur Mittagszeit in den KG – alle Kinder waren versammelt und so sangen wir gemeinsam ein Tischgebet, das ich ihnen beibrachte. Die Freude in den Gesichtern der Kinder und die strahlenden Augen werde ich nicht vergessen.

Da derzeit keine Kinder in den KG gehen, fehlen auch die monatlichen Beiträge. Damit erhalten alle Angestellten – auch der Wächter und die Reinigungskraft des KG – zur Zeit der Schließung kein Gehalt, was alle Bediensteten besonders hart trifft! Es fehlt einfach das Geld, um das Nötigste zum Überleben bezahlen zu können!

Dabei sind derartige Notsituationen nicht unbekannt in Äthiopien. Der Kindergarten ist in den vergangenen Jahren schon öfter von Schlie-ßungen betroffen gewesen, als es zu Aufständen und blutigen Un-ruhen kam. Dann fehlten auch die Monatsbeiträge und Einnahmen, so erzählte mir Teressa Akuma, Superintendent des „parish Ambo“. Er musste in solchen Phasen eigens mit großer Vorsicht, aber geschützt durch die Dunkelheit in den Abend- und Nachtstunden in der Kirchengemeinde von Haus zu Haus quasi sich schleichen, um für Verpflegung und Materialien für die Angestellten des KG zu bitten.

Teressa Akuma hat sein Büro auf dem Gelände des KG stehen und ist als Leiter des Kirchenkreises für 42 Kirchengemeinden und 37 sog. „outreaches“ (Predigtstellen) zuständig. Mit dem KG-Team arbeitet er eng zusammen und verrichtet schon früh morgens körperliche Arbeiten auf dem KG-Grundstück. Er leitet außerdem Bibel- und Gebetskreise und ist Verfasser von christlichen Büchern – ein sehr talentierter und glaubensfester Mensch, der selbst aber bescheiden und zurückhaltend wirkt. Teressa A. ist es auch, der mit seinen Mitarbeitern für das große Gelände des Kindergartens Pläne und visionäre Ziele entwickelt.

So ist der Wunsch nach Vergrößerung und Ausweitung des KG hin bis zur Errichtung und weiteren Bildung der Kinder in einer Grundschule geplant. Dafür ist z.B. schon ein Fundament eines neuen Gebäudeabschnittes in Angriff genommen worden. Der Weiterbau „stockt“ allerdings gerade aufgrund mangelnder finanzieller Mittel. Ein großes Ziel ist es auch, eine Fischzucht und Getreideanbau auf dem Gelände zu verwirklichen. Wasserressourcen sind durch den nahen Flusslauf gegeben, so dass dieses Vorhaben durchaus konkret und realistisch erscheint. Durch den Verkauf von Erzeugnissen sollen so „feste“ Einnahmen generiert werden.

Darüber hinaus gibt es noch viele weitere langfristige Ziele, wie z.B. die Installation einer Kanalisation sowie die Errichtung einer Bibelschule, eines Gästehauses, die baulichen Verbesserungen des Verwaltungstraktes für den Kirchenkreis (bisher nur einfache Blechhütten mit offen liegenden elektr. Leitungen, kein Internet, Mobiliar etc.). Unter den derzeit gegebenen Umständen der CORONA-Krise scheinen diese Pläne allerdings in weite Ferne gerückt. Dennoch:

 

Es war für mich erstaunlich zu erleben und ist es bis heute noch, dass unsere Partner trotz allem so zuversichtlich sind und in ihrem Glauben ein derart großes Vertrauen haben. In einer kürzlich empfangenen mail aus Ambo hieß es, dass sie darauf hoffen, dass sich diese Ziele für den KG auch tatsächlich in näherer Zukunft umsetzen lassen.

Dafür bitten sie uns alle um (finanzielle) Unterstützung – vor allem ist ihnen aber die spirituelle Verbundenheit mit uns wichtig, dass wir füreinander beten und die Freundschaft und den Austausch miteinander pflegen!  

                                      Martin Reese

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